Jean de La Fontaine 

La Fontaines Fabeln (1668-1694) gehören zu den bekanntesten Werken der französischen Klassik.

Herkunft und Ausbildung

Jean de La Fontaine wird im Juli 1621 (Taufdatum ist der 8. Juli 1621) in Château-Thierry in der Picardie geboren. Sein Vater gehört als Königlicher Rat sowie Jagd- und Fischereiaufseher dem Amtsadel an. Nach seiner Schulausbildung tritt Jean de La Fontaine 1641 ins Pariser Oratorium ein, um Theologie zu studieren. Nach 18 Monaten verlässt er den Orden jedoch wieder. 1645 nimmt er in Paris ein Jura-Studium auf und geht zugleich seinen literarischen Interessen nach. Er besucht einen literarischen Zirkel, die Table ronde, der u.a. die Schriftsteller und Akademiemitglieder Furetière, Pellisson und Patru angehören.


La Fontaines Förderer

1658 lernt La Fontaine Nicolas Foucquet (1615-1680), den mächtigen Oberintendanten der Finanzen (Surintendant des Finances) Ludwigs XIV., kennen, der in seinem Schloss in Vaux-le Vicomte als großzügiger Mäzen eine Reihe von Künstlern um sich versammelt. La Fontaine widmet Foucquet das Kleinepos Adonis, feiert in dem Gedicht Le Songe de Vaux Foucquets Residenz und verpflichtet sich in einer witzig-spielerischen Sichtbarmachung der ökonomischen Abhängigkeit von Dichtern, seinem Förderer als Gegenleistung eine „pension trimestrielle“ in Form von Madrigalen, Balladen und Sonetten zu zahlen. Als Foucquet 1661 gestürzt und vor Gericht gestellt wird, bittet La Fontaine mehrfach um dessen Begnadigung, u.a. in der anonym publizierten Elegie Aux nymphes de Vaux und in einer Ode au Roi. Im Sommer 1663 zieht er sich gemeinsam mit Jacques Jannart, einem Onkel seiner Frau und Foucquet-Vertrauten, ins Exil nach Limoges zurück. Von dieser Reise, der längsten die La Fontaine jemals unternehmen wird, berichtet er seiner Frau in sechs Briefen, postum veröffentlicht unter dem Titel Relation d’un voyage de Paris en Limousin. Am 20. Dezember 1664 wird Foucquet zur Verbannung verurteilt. Ludwig XIV. setzt sich über die Entscheidung des Gerichts hinweg und verschärft die Strafe zu lebenslanger Haft. La Fontaine wird Zeit seines Lebens von wichtigen Förderern, die eine eher kritische Haltung zur Politik des Sonnenkönigs einnehmen, protegiert. Dazu gehören Marguerite de Lorraine, die Witwe Gaston d’Orleans, Madame de La Sablière, eine der wichtigsten Pariser Salondamen, sowie Anne d’Hervarth, Conseiller au Parlement, und dessen Ehefrau Françoise, die La Fontaine bis zu seinem Tod am 13. April 1695 unterstützen. Das Verhältnis zwischen La Fontaine und Ludwig XIV. ist seit der Verurteilung Foucquets angespannt. Als La Fontaine im November 1683 als Nachfolger Colberts in die Académie française gewählt wird, verweigert der König zunächst die Bestätigung. Erst anlässlich der Wahl Boileaus im April 1684 stimmt Ludwig auch der Aufnahme La Fontaines zu.


Contes et Nouvelles

La Fontaines großer Erfolg als Fabeldichter lässt seine weiteren Werke, insbesondere seine zahlreichen contes, leicht in Vergessenheit geraten. Noch bevor die erste Fabelsammlung erscheint, verfasst er u.a. von Boccaccio und Ariost inspirierte Verserzählungen (Nouvelles en vers tirées de Boccace et de l’Arioste (1664); Contes et nouvelles en vers de M. de La Fontaine (1665). Deuxième partie des Contes et nouvelles en vers, de M. de La Fontaine (1666) ; Contes et nouvelles de M. de la Fontaine. Troisième partie (1671)). Eine Ausgabe besonders freizügiger Erzählungen erscheint 1674, ohne königliche Druckerlaubnis, unter dem Titel Nouveaux contes de Monsieur de La Fontaine. Sie wird 1675 durch eine Ordonnanz der königlichen Polizei verboten.


Der Erfolg der Fabeln

1668 erscheint die erste Sammlung der Fables choisies, mises en vers, mit 124 Fabeln, zu sechs Büchern gruppiert. In der an den Sohn Ludwigs XIV. gerichteten Widmung „À Monseigneur le Dauphin“ bestimmt La Fontaine das Verhältnis zwischen äußerem Anschein und innerem Wahrheitsgehalt der Fabel: „L’apparence en est puérile […]; mais ces puérilités servent d’enveloppe à des vérités importantes.“ In der Préface der Fabelausgabe von 1668 bestimmt La Fontaine seine Fabelpoetik genauer, indem er sie zwischen Tradition (u.a. in Bezugnahme auf die antiken Fabeldichter Äsop und Phädrus) und Innovation (die von La Fontaine gewählte Versform) situiert. 1678/79 erscheint eine erweiterte Ausgabe der Fables choisies, mises en vers in vier Bänden: Band 1 und 2 enthalten die bereits 1668 veröffentlichten Fabeln der Bücher I bis VI, Band 3 enthält die heutigen Bücher VII und VIII, Band 4 die heutigen Bücher IX, X und XI. Im September 1693 veröffentlicht La Fontaine das heutige Buch XII der Sammlung, das inhaltlich und formal einen Schlusspunkt setzt.

Abb.: Hyacinthe Rigaud, Jean de La Fontaine, um 1685, Musée Carnavalet, Paris.

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